Diese BPM-Trends erwarten Prozessmanagement-Experten für 2022

Geschrieben von Vivecca Frank | 12 Min. Lesedauer
Veröffentlicht am: 22. März 2022 - Letzte Änderung am: March 22nd, 2022
BPM Trends 2022 Titelbild 2

Unsere moderne Arbeitswelt verändert sich ständig. COVID-19, die digitale Transformation und ein zunehmender, globaler Wettbewerb geben diesem Wandel zusätzlichen Auftrieb. All dies macht das Jahr 2022 zu einer großen Herausforderung für Ihre Unternehmensabläufe. Um Sie auf Ihrem Weg zu langfristigem Unternehmenserfolg zu unterstützen, haben wir daher gemeinsam mit den unterschiedlichsten Fachleuten der Prozesswelt die BPM-Trends 2022 für Sie zusammengetragen. Los geht’s!

Bereits im Jahr 2013 entwickelte das Robert Koch-Institut ein Pandemie-Szenario, das der aktuellen Pandemie-Realität in weiten Teilen ähnelt. Der Ausbruch von COVID-19 im Dezember 2019 traf die globale Wirtschaft dennoch völlig unvorbereitet. 

Rund zwei Jahre später halten Corona, die digitale Transformation und der zunehmende globale Wettbewerb die Welt nach wie vor in Atem. Umso wichtiger ist es, Ihre Organisation auf diese neue Normalität vorzubereiten. Wie sieht Ihr Plan für das neue Jahr 2022 und danach aus? Lassen Sie sich von den Prognosen unserer Prozessfachleute inspirieren.  

Übrigens: Hier finden Sie die aktuellen BPM-Trends 2022 unserer Co-General Manager Dr. Gero Decker und Rouven Morato.

Dominka Pankows BPM-Trend 2022:

Business Process Management wird eine zentralere Rolle im Tagesgeschäft spielen

Portraitbild Dominika Pankow

Mehr und mehr Prozessanalysen, -modellierungen und -verbesserungen müssen nicht mehr zwangsläufig in Form einer gigantischen Reihe von Projekten abgewickelt werden. Neue Lösungen machen es Unternehmensmitarbeitern leicht, Geschäftsprozesse zu verstehen und zu beeinflussen, um Effizienzsteigerungen zu erzielen.

Darüber hinaus ist diese Leistungsverbesserung dank moderner Möglichkeiten zur kontinuierlichen Überwachung von Prozessproblemen weniger von großen, ganzheitlichen Umgestaltungsprojekten abhängig. Diese haben nach wie vor ihre Berechtigung. Indem Prozessverantwortliche die Leistung von Prozessen täglich im Auge behalten, sind sie nun jedoch in der Lage, sofort auf Prozessveränderungen zu reagieren. So können Anwender den Geist der kontinuierlichen Prozessverbesserung im Jahr 2022 wirklich leben.

Dominka Pankow arbeitet als Product Managerin für SAP Process Insights bei SAP.

Lukas Eggers BPM-Trend 2022:

Der Hyper-Automatisierungstrend wird die Art und Weise, wie wir über Prozesse denken, neu definieren

Portraitbild Lukas Eggers

Der BPM-Markt ist sehr dynamisch und wächst seit Jahren im zweistelligen Bereich. In der Regel werden die Grenzen eines Marktes im Laufe der Zeit immer enger. Beim Business Process Management ist das Gegenteil der Fall, und ich habe volles Vertrauen, dass sich dieser Trend im Jahr 2022 fortsetzen wird. Immer mehr benachbarte Märkte werden Teil eines größeren Hyperautomatisierungs-Trends, der die Art und Weise, wie wir über Prozesse denken, neu definiert. 

Früher waren Prozesse durch sorgfältig gestaltete, statische und vor allem langanhaltende Regeln definiert. In Zukunft werden sie adaptiv, kontextbezogen und vorausschauend sein. Dadurch entsteht ein ganzheitlicheres Bild des jeweiligen Unternehmens und damit Möglichkeiten, Organisationen auf einer tieferen Ebene zu verstehen und zu kontrollieren. 

Lukas Egger leitet das Team Innovation Office & Strategic Projects bei SAP BPI. Der Fokus des Teams liegt auf der Risikominimierung von Produktfunktionen und der Entwicklung neuer Ideen.

Jan Mendlings BPM-Trend 2022:

Von der Prozessdokumentation zu agilen BPM-Teams

Portraitbild Prof. Dr. Jan Mendling

Bisher hat sich BPM oft stark auf die Dokumentation von Geschäftsprozessen konzentriert. Dies wird auch weiterhin eine wichtige Infrastruktur für die digitale Transformation von Unternehmen sein. Wir sehen jedoch, dass diese steuerungsbezogenen Fähigkeiten eines BPM-Teams durch tatsächliche Umsetzungsfähigkeiten erweitert und ergänzt werden.

Diese Implementierungsfähigkeiten von BPM-Teams beziehen sich insbesondere auf die Automatisierung von Geschäftsprozessen, die Nutzung von Robotic Process Automation, Data Science und Process Mining. Diese Fähigkeiten ermöglichen es diesen agilen BPM-Teams, in schnellen und kurzen Sprints zu arbeiten, um innerhalb eines Zeitraums von ein oder zwei Monaten wichtige Verbesserungen für eine Geschäftseinheit zu erzielen, ohne im Backlog der CIO-Projekte zu landen. Dieser Trend wird BPM schneller machen und seinen Einfluss auf das Geschäft drastisch verbessern.

Prof. Dr. Jan Mendling ist Einstein-Professor für Prozessmanagement und Informationssysteme am Institut für Informatik der Humboldt-Universität zu Berlin.

Diana Veits BPM-Trend 2022:

Perspektivwechsel im BPM zugunsten „Humanized Processes“

Portraitbild Diana Veit

In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt des Business Process Management (BPM) auf Automatisierung. Der Faktor Mensch war dabei nicht im Fokus – und das wird sich ändern!

Mit zunehmender Kontextualisierung und der systemübergreifenden Nutzung von Daten werden BPM-Anwender in der Lage sein, innovative Organisationskonzepte umzusetzen. Traditionelle Prozessmodelle werden in Zukunft beispielsweise um Fähigkeiten und Rollen erweitert. Somit können zahlreiche neue Anwendungsfälle realisiert werden, wie Skills-as-a-Service zur flexiblen Talentzuweisung und dem Erkennen von Trainingsbedarfen. Auch die Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinweg wird so transparenter werden und Möglichkeiten zur Verbesserung werden erkennbar.

Wäre es nicht fantastisch, Bereiche mit geringem Engagement und Well-Being der Mitarbeiter mithilfe von BPM selbst erkennen zu können? Indem wir die Perspektive wechseln, werden wir gemeinsam noch realistischere Einblicke erzielen und somit das volle Potential Ihrer Unternehmensprozesse Schritt für Schritt weiter aufdecken.

Diana Veit ist Teil des Innovation Office & Strategic Projects Teams und im Zuge dessen für Product Discovery und Innovationsprojekte im Bereich Business Process Intelligence der SAP zuständig. 

Jan vom Brockes BPM-Trend 2022:

Vom Prozessmanagement zu «Process Science»

Portraitbild Jan vom Brocke

Bisher wurden Prozesse aus dem Blickwinkel einzelner Disziplinen betrachtet – etwa der Informatik, des Managements und der Wirtschaftsinformatik. Heute sind Prozesse so wichtig, dass wir sie in den Mittelpunkt rücken müssen. Nicht Systeme, sondern Prozesse entscheiden über den Geschäftserfolg.

Alles – vor allem auch der Wandel – passiert in Prozessen. Genau hier kommt die Prozesswissenschaft (Process Science) ins Spiel: Wir nutzen die vielfältigen digitalen Daten, um Veränderungen zu sehen, sie zu verstehen und Unternehmen dabei zu unterstützten sich kontinuierlich neu auszurichten. Das ist eine ganz neue, datengetriebene, Form des Prozessmanagements, die wir heute bei vielen Unternehmen einführen.

Prof. Dr. Jan vom Brocke ist Inhaber des Hilti-Stiftungslehrstuhls für Business Process Management und Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Universität Liechtenstein.

Sven Schnägelbergers BPM-Trend 2022:

Den Kunden besser verstehen und aus der Customer Journey Anforderungen an die eigenen Unternehmensprozesse ableiten

BPM&O Sven Schnägelberger

Wir wissen, dass Kundenorientierung als Leitidee allein nicht reicht, um den Unternehmenserfolg zu garantieren. Für Kunden stehen immer ihre eigenen Bedürfnisse im Vordergrund. Sie kaufen Produkte oder Dienstleistungen nicht ausschließlich aufgrund eines Nutzens. Vielmehr sind soziale und emotionale Aspekte wie Werte und Wünsche in einem vollständigen Entscheidungszyklus ausschlaggebend. Und Kunden bestimmen selbst, wie sie mit einem Unternehmen in Kontakt treten. 

Kunden müssen also mit ihren Bedürfnissen und ihrem Interaktionsverhalten in Prozesse eingebunden werden. Ihre Sicht ist im Rahmen der Unternehmensführung möglichst originär und unverfälscht in alle Bereiche einzubringen. Auch Organisation und Rollen sind so auszurichten, dass die Kundensicht bestmöglich unterstützt wird. So entstehen Differenzierungsmerkmale, die Kunden nachhaltig begeistern.

Sven Schnägelberger ist BPM-Analyst, Gründungs­gesell­schafter und Geschäftsführer der BPM&O GmbH. Von 2004 bis 2009 war er Geschäftsführer und Gesell­schafter des Kompetenz­zentrums für Prozess­management.

Robert Wellers BPM-Trend 2022:

Integrative semantische Prozess- und Datenmodellierung als neues Fundament der Zukunft

Portraitbild Robert Weller

Die zunehmende Digitalisierung von End-to-End Prozessen in unterschiedlichsten Industrien, wie z. B. Automotive, Pharmacy, Consumer Goods, Public Sector, bedingen vermehrt eine automatisierte E2E-Interaktion von Prozess- und Datenobjekten, um die Veränderungsdynamik der heutigen Welt zu meistern. Beispielweise kann ein Datenobjekt „Bauteil in der Automobilindustrie“ in die Lage versetzt werden, autonom durch regelbasierte Interkommunikation mit anderen Objekten prozessuale Veränderungen schneller umzusetzen. 

Der Mensch gestaltet und prüft die betriebswirtschaftlichen Abläufe bis runter auf die datenbasierte Transaktionsebene, aber setzt diese nicht mehr aktiv um. Damit könnten zukünftige Digital Twin Setups die gesamtheitliche Steuerung und Simulation eines Unternehmens extrem beschleunigen. Gerade in einer Welt, in der Industrie-spezifische Communities die Digitalisierung und Cloudifizierung von Prozessen vorantreiben, kann diese Fähigkeit ein wesentlicher Garant dafür sein, dass ein Unternehmen/Industrie in der zukünftigen digitalen Welt überleben kann.

Robert Weller leitet BPI’s Content Layer. Zuvor leitete er die strategischen Projekte von BPI, SAP People Analytics und die COO Unit für Intelligent Data & Analytics.

Merlyn Gordons BPM-Trend 2022:

Korrelation und Kausalität im Rampenlicht

Portraitbild Merlyn Gordon

Innerhalb eines Unternehmens gibt es oft ein gutes Verständnis der KPIs auf Ausführungsebene. Gleiches gilt häufig auch für die Empathie- und Engagement-Ebene. Der Nachweis von Kausalität oder gar Korrelation über die gesamte Wertgleichung (“Value Equation”) hinweg war jedoch bisher eine große Herausforderung. 

Im Jahr 2022 werden Unternehmen beginnen, neue Datenquellen und Möglichkeiten zu nutzen, um Einstellungs-, Verhaltens-, Betriebs- und Finanzkennzahlen zu analysieren. Im Idealfall werden diese korrelierten Messgrößen allgemein verfügbar und im gesamten Unternehmen zugänglich sein, so dass die Transformationsteams die Gesamtauswirkungen von Änderungen an Prozessen und Abläufen verstehen können.

Merlyn Gordon ist Senior Director, SAP Signavio Centre of Excellence. In dieser Position unterstützt er Transformationsprofis bei der Entwicklung und Simulation wirkungsvoller Geschäftsprozesse und neuer Endbenutzer-Engagements.

Brian Currans BPM-Trend 2022:

Erneuter Fokus auf den Customer Effort Score (CES)

Portraitbild Brian Curran

Unternehmen, die einst „Kundenbegeisterung" zu einem wichtigen Gradmesser für den Geschäftserfolg erhoben haben, erkennen nun, dass „funktionale" Kundenbedürfnisse erfolgreich erfüllt werden müssen, bevor man versucht, die „emotionalen" Bedürfnisse zu erfüllen. Als KPI ist „Kundenzufriedenheit" bestenfalls schwer zu definieren und schlimmstenfalls fast unmöglich zu messen. 

Trotz der vielfältigen emotionalen Beweggründe haben Kunden in der Regel eine einfache Aufgabe, die sie so schnell und effizient wie möglich erledigen müssen. Aus der Sicht des Kunden bedeuten glitzernde und glänzende Objekte nichts, wenn er nicht in der Lage ist, die anstehende Aufgabe zu erledigen.

Im Jahr 2022 werden führende Unternehmen die Vorgänge auf der Bühne (z. B. Interaktionen mit dem Kunden) und die damit verbundenen Prozesse hinter der Bühne (z. B. Aktivitäten ohne Kundeninteraktionen) zunehmend so gestalten, dass Reibungen und Hindernisse entlang der Customer Journey beseitigt werden, was zu einer Verbesserung der Customer Effort Scores führt.

Brian Curran arbeitet als Strategic & Operational Innovation and Design Executive bei Eaton. Darüber hinaus interessiert sich Brian für Experiential Design und Innovationen, die zu nachhaltigen Veränderungen führen. So wirkte er unter anderem am ersten Apple Store und der ersten Iteration von Click und Collect mit. 

Hans-Peter Baumanns BPM-Trend 2022:

BPM als lebendige und erlebbare Wirklichkeit 

Portraitbild Hans-Peter Baumann

Aus Kundenprojekten wissen wir, Business Transformation ist und wird für Unternehmen ein dauerhaftes Kernthema bleiben. Die Digitalisierung weicht Grenzen in der Zusammenarbeit zwischen Menschen, Orten und Technik weiter auf. Diese Komplexität muss gemanagt werden. Prozessmanagement wurde in der Vergangenheit oft dogmatisch angegangen und daher eher fälschlicherweise als administrativer, starrer Overhead gesehen.

Heute erlebt BPM ein Revival und ist die Grundlage für erfolgreiche kontinuierliche Transformationen. BPM ist das wichtige Bindeglied zwischen Strategie, Organisation und Menschen, Daten und Technologie. Process Driven Enterprise Architecture (E2E²) bringt durch Darstellung kompletter Ecosysteme Transparenz in die Unternehmen.  

Unsere großen Transformationsprojekte verlangen ein agiles Vorgehen. Um adaptiv und agil zu sein, hilft es nur, gemeinsam zu arbeiten, Spaß dabei zu haben und Mehrwerte zu generieren. Um agil zu werden, müssen Silos überwunden, und noch einen Schritt weiter, die Trennung zwischen Mensch und Technologie weiter aufgelöst werden. Hier bieten Modelle die Grundlage für das Zusammenspiel von RPA, KI und menschlicher Interaktion.

Eine konsequente E2E-Ausrichtung über Unternehmensgrenzen hinweg mit der unterstützenden Technik bringt Fakten in Echtzeit in die Prozesse und erlaubt allen Beteiligten, schneller und besser zu agieren. Erste Ansätze, Unternehmenswelten als virtuelle Realitäten in das Prozessmanagement zu integrieren, werden durchgeführt und können somit die User Experience weiter positiv beeinflussen. Durch die Erfahrung des lebendigen und erlebbaren Prozessmanagements wird der Weg zum adaptiven Business-Netzwerk geebnet. 

Hans-Peter Baumann ist Head of BPM & Organizational Development bei der Scheer GmbH. Mit einem Abschluss in Betriebswirtschaft (Psychologie, Wirtschaftsinformatik & Marketing) fokussiert er sich auf das Alignment von Menschen, Prozessen und Technologie.

Oliver Kleins BPM-Trend 2022:

Enterprise-Architecture-Management-Lösungen werden künftig zur Unterstützung der Business Transformation eingesetzt

Portraitbild Oliver Klein

Wenn Unternehmen über die Umgestaltung ihres Geschäfts sprechen, geht es in der Regel um zwei Dinge: Geschäftsprozesse und IT-Systeme. Aus diesem Grund sind Enterprise Architecture Management (EAM) und BPI-Aktivitäten im Laufe der Jahre unglaublich eng miteinander verknüpft worden. Dieser Trend wird sich im Jahr 2022 garantiert fortsetzen.

Wir sagen sogar voraus, dass Unternehmen verstärkt nach Möglichkeiten suchen werden, EAM- und BPM-Aktivitäten zu kombinieren. Zu diesem Zweck werden sie nahtlose Integrationen zwischen EAM- und BPM-Tools nutzen, um Daten schneller zu kombinieren und eine umfassendere Anwendungs- und Prozessmodellierung zu ermöglichen.

Oliver Klein ist bei LeanIX für strategische Allianzen zuständig. Bevor er im Sommer 2019 zu LeanIX kam, war er in verschiedenen Positionen in den Bereichen Business Development, Alliance Management und Practice Leadership bei globalen Beratungs- und Informationsdienstleistern tätig.

Prozessmanagement für Ihren langfristigen Unternehmenserfolg

Die Prozessmanagement-Welt verändert sich ständig. Daher sollten Sie unsere BPM-Trends 2022 auch nicht als kurzfristige Änderungen Ihrer Businessplanung ansehen. Diese Entwicklungen werden uns über Jahre oder gar Jahrzehnte in unterschiedlichsten Formen begleiten. Umso wichtiger ist es, dass Sie Ihre Organisation langfristig auf die wichtigsten Zukunftsthemen wie den Klimawandel oder die Digitalisierung ausrichten. 

Um zu erfahren, wie wir Ihnen dabei helfen können, die Zukunft Ihres Unternehmens zu meistern, kontaktieren Sie uns einfach oder registrieren Sie sich jetzt für eine kostenlose 30-Tage-Testversion unserer SAP Signavio Process Transformation Suite.

Veröffentlicht am: 22. März 2022 - Letzte Änderung am: March 22nd, 2022